Therapie
13.09.2021
Therapeutische Fachkompetenz und individuelle Betreuung
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Medizinische Elektrostimulation
In den kommenden Jahren wird sich der Gesundheitsmarkt noch stärker verändern als in den 50 Jahren zuvor. Hauptsächlich deshalb, weil die Gesundheitsausgaben der Industrieländer in den aktuell bestehenden Strukturen nicht mehr länger finanzierbar sein werden.
Eine neue Gesundheitskultur steht in den Startlöchern. Zudem etablieren sich neue Technologien und Geschäftsmodelle. Diese Entwicklungen bieten Chancen für jeden Physiotherapeuten die richtigen Weichen zu stellen und, mit fortschrittlichen Konzepten, wie z.B. der Medizinischen Elektromyostimulation, optimistisch in eine sich verändernde gesundheitspolitische Landschaft zu blicken.
Zentrale Stellung: Der Physiotherapeut
Körperliche Aktivität ist im täglichen Leben wichtig und kann diverse Erkrankungen positiv beeinflussen. Erkrankungen oder auch Motivationsprobleme können jedoch einer ausreichenden körperlichen Aktivität entgegenstehen. Hier kommt der Medizinischen EMS mit ihrer gelenkschonenden, zeitsparenden und effektiven Anwendung sowie dem Physiotherapeuten, der aufgrund seiner medizinischen Expertise eine je nach zugrunde liegendem Beschwerdebild individuelle, medizinisch abgestimmte und persönliche Betreuung gewährleisten kann, ein besonderer Stellenwert zu.
Zudem verfügt der Physiotherapeut durch eine spezielle Ausbildung in der Elektrotherapie bereits über eine besondere Fachkompetenz in der Anwendung Medizinischer EMS. Diese Kombination aus Medizinischer EMS und fachkompetenter, individueller Betreuung bietet insbesondere älteren, gesundheitlich eingeschränkten oder bewegungsunerfahrenen Anwendern große Vorteile.
Wissenschaftlich belegte Wirksamkeit eines modernen Physiotherapiekonzepts
Elektromyostimulation wird bereits seit einigen Jahren im Trainingsbereich und Leistungssport sowie lokal in der rehabilitativen und physikalischen Therapie eingesetzt. Im Gegensatz zu der lokalen Anwendung, bei der der koordinative Reiz fehlt und die trainierte Kraft im Alltag nur schwer umgesetzt werden kann, kombiniert die Medizinische EMS die extern getriggerte Muskelkontraktion mit willkürlichen Muskelkontraktionen.
Die Muskelkontraktion durch einen elektrischen Impuls
Der Impuls wird extern über Elektroden übermittelt, die bei Medizinischer EMS im Rumpfbereich und den proximalen Extremitäten (GanzkörperEMS) angebracht werden. Die abgegebenen elektrischen Impulse sind niederfrequent (max. 1 kHz), lösen eine kurze Muskelzuckung aus und führen durch wiederholte Abgabe der elektrischen Impulse zu einer Kontraktion des betroffenen Muskels. Durch simultanes Aktivieren von Agonisten, Antagonisten und tiefer gelegenen Muskelgruppen kann die Muskulatur intensiver und ausdauernder trainiert werden. Die Aktivierung aller großen Muskelgruppen verhindert einseitige Belastungen und muskuläre Dysbalancen und bietet eine effektive und zeitsparende Möglichkeit des muskulären Aufbaus sowie der muskuloskelettalen Stabilisation in Prävention und Therapie. Zusätzliche Übungen können isometrisch oder dynamisch ausgeführt werden und verstärken den Wirkungsgrad der Methode. Damit macht sich die Medizinische EMS vorteilhafte Elemente aus der konventionellen Elektromyostimulation zunutze und verbindet diese als Ganzkörpermaßnahme zu einem innovativen EMSTherapie-Konzept.
Medizinische EMS bei unspezifischem und chronischem Rückenschmerz
So konnte beispielsweise bei der Therapie des chronischen Rückenschmerzes in einigen wissenschaftlichen Studien ein positiver Effekt und eine im Vergleich zu den gängigen Therapiestrategien gleichwertige Wirksamkeit von Medizinischer EMS gezeigt werden. Neben chronischen Rückenschmerzen gibt es auch zahlreiche weitere Anwendungsfelder, auf die sich Medizinische EMS positiv auswirken kann:
››› Anwendung von Medizinischer EMS durch die besonders gelenkschonende Methode auch bei degenerativ veränderten, schmerzenden Gelenken.
››› Positiver Effekt von Medizinischer EMS bei Anwendern mit Übergewicht oder bei älteren Anwendern mit Knochen- oder Muskelabbau.
››› Hinweise auf positive Effekte einer Medizinische EMS, die mittels konventionellen Trainings aufgrund Limitation der Herzleistung schwer erreichbar sind.
Medizinische EMS wird individuell maßgeschneidert in einer 20-minütigen Anwendung einmal pro Woche – maximal alle vier Tage – unter einer persönlichen Betreuung im Verhältnis 1:1, maximal 1:2 durchgeführt. Zu Beginn der Medizinischen EMS ist die Identifizierung und schrittweise Annäherung der individuellen Intensitätstoleranz der Impulsstärke erforderlich.
Safety first: Die EMS-Leitlinien
Forschende Trainingswissenschaftler erarbeiteten zusammen mit Vertretern aus Wissenschaft und Ausbildungsinstituten im Jahr 2017 EMSLeitlinien, die kontinuierlich weiterentwickelt werden. Die Leitlinien postulieren die Anwendung von Medizinischer EMS durch ausgebildete und lizenzierte EMS-Trainer oder wissenschaftlich geschultem Personal. Zudem werden eine exakte Erfragung und Dokumentation möglicher Kontraindikationen und die ärztliche Freigabe bei etwaigen Auffälligkeiten vor Erstanwendung gefordert.
Basierend auf diesen Leitlinien entstand im Jahr 2019 eine deutsche Norm (DIN 33961), die sowohl die Kontraindikationen für GanzkörperEMS als auch die Anforderung an die Betreuungssituation für eine optimale Anwendung Medizinischer EMS definiert: So darf ein Therapeut/Trainer maximal zwei Trainierende pro EMS-Einheit betreuen.
Strahlenschutzverordnung NiSV9
Letztes Jahr, am 31.12.2020, trat die Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen nicht ionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSV) in Kraft. Sie regelt unter anderem die Meldepflicht von Elektrostimulationseinrichtungen, die Anforderungen an die Beratung und Aufklärung der Trainierenden und die Dokumentationspflicht. Ab dem 31. Dezember 2021 muss zudem laut der NiSV ein Fachkundenachweis erbracht werden. Laut § 7 Abs. 3 der NiSV kann dies durch eine Ausbildung nach dem Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie erworben werden.
Burkhard Peters
Autor
Burkhard Peters ist Diplom Sportlehrer mit Schwerpunkt Sportmedizin und Trainingslehre und hat langjährige praktische Erfahrungen in der Sporttherapie, u.a. in der eines Fußball-Erstliga-Vereins sowie in der Führung und Beratung von Praxen und Gesundheitseinrichtungen. Seit 2018 ist er verantwortlich für den Bereich Healthcare bei miha bodytec. E-Mail: bp@miha-bodytec.de, www.miha-bodytec.de
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